Nationalversammlung verabschiedet neues Gesetz zum “Kampf gegen Prostitution”. In Deutschland plant die Regierung längere Haftstrafen für Freier von Zwangsprostituierten
Viele Argumente wurden zum richtigen gesetzlichen Umgang mit der Prostitution ausgetauscht, unzählige Fallbeispiele zur Unterstützung jeder Seite vorgebracht, der Streit darüber wird weitergehen. In Frankreich ist nun ein Gesetz zur Prostitution verabschiedet worden und in Deutschland wird eins auf den Weg gebracht. Beide haben bei unterschiedlichen Zielsetzungen einen Trend gemeinsam: Der Freier steht im Fokus der Strafermittlungen, in Deutschland dazu die Zuhälter. Bei den Prostituierten wird der Opferstatus in den Vordergrund gerückt und Hilfe zum Ausstieg angeboten.
Man kann davon ausgehen, dass sich das Gewerbe, seit jeher darauf trainiert, Schlupfwinkel und Gesetzesoasen zu finden, einiges einfallen lassen wird, um dem nun angesagten Kampf gegen die Prostitution Paroli zu bieten. Zumal es den Strafverfolgern nicht einfach fallen wird, die Straftatbestände, die in den neuen Gesetzen aufgestellt werden, eindeutig nachzuweisen.
Frankreich: Ziel Abschaffung der Prostitution
Zweieinhalb Jahre hat die öffentliche Debatte zum neuen Gesetz gedauert und sich dann im Streit der beiden Kammern fortgesetzt. Gestern hatte dann die Nationalversammlung (Assemblée nationale) das letzte Wort gegen den ständigen Widerstand aus dem Senat. Mit 64 gegen 12 Stimmen und 11 Enthaltungen verabschiedete das Parlament gestern definitiv den Gesetzesvorschlag der regierenden PS (Parti socialiste).
Außer den Sozialdemokraten unterstützte der Front de Gauche mehrheitlich das neue Gesetz. Das Lager der oppositionellen Republikaner war mehrheitlich dagegen, ebenso die Radicaux de Gauche sowie die Grünen.
Das neue Gesetz wird als weiterer Schritt hin auf das Ziel der Abschaffung der Prostitution gewertet. Etwa 30.000 bis 40.000 Prostituierte soll es nach offiziellen Schätzungen in Frankreich geben.

Wenn das Gesetz in Kraft tritt, müssen Freier, denen erkaufter Sex (“L’achat d’acte sexuel”) nachgewiesen wird, mit einer Geldstrafe von 1.500 Euro rechnen, im Wiederholungsfall bis zu 3.750 Euro. Die zweite Kammer, der Senat, hatte dies mehrheitlich abgelehnt, weil damit die Kunden von Prostituierten kriminalisiert würden.
Zusätzlich sollen die Freier Kurse besuchen, wo sie für die Kehrseite des Prostitutionsgewerbes “sensibilisiert” werden. Für die Gestaltung dieser Kurse wird noch eine eigene Vorschrift ausgearbeitet.
Abgeschafft wird das Delikt des “passiven Kundenfangs”. Prostituierte werden nicht länger für diesen Tatbestand, der in einem Gesetz von 2003 festgehalten war, bestraft. Dazu genügte schon, wenn die Prostituierten auf der Straße Kunden mit augenfälliger Kleidung auf sich aufmerksam machten.
Nun sollen Prostituierte nicht länger als Rechtsbrecher im Fokus der Strafverfolgungsbehörden stehen, sondern als Opfer verstanden werden, erklärt einer der Inititatoren des Gesetzesentwurfes. Hilfsorganisationen und Menschenrechtsgruppen begrüßten die Streichung des Delikts.
Für die Prostituierten soll ein System des Schutzes und der Unterstützung geschaffen werden. Mit einem Fonds von jährlich 4,8 Millionen Euro soll ihnen beim Ausstieg aus dem Gewerbe geholfen werden. Die Summe sei unzureichend, um einer relevanten Menge von Prostituierten zu helfen, heißt es vonseiten der Hilfsorganisationen. Zur finanziellen Unterstützung gibt es auch die Möglichkeit der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei ausländischen Prostituierten, die aussteigen wollen.
Deutschland: Kein generelles Verbot der Prostitution – Kampf gegen die Zwangsprostitution
Indessen hat die deutsche Bundesregierung ein Gesetz zur Zwangsprostitution beschlossen, das mit sehr viel härteren Strafen für Freier droht: bis zu fünf Jahre Haft sind für Fälle vorgesehen, in denen bei Sexgeschäften “die persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder die Hilflosigkeit einer Person ausgenutzt wird”.
Zuhältern von Zwangsprostituierten drohen Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Mit dieser Neuregelung setze die Bundesregierung eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Menschenhandel um, wird als Begründung angeführt.
Es gehe nicht um ein generelles Verbot der Prostitution, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas dazu. Damit würde man sie “völlig in die Illegalität abdrängen”. Das Gesetz ziele darauf ab, “Strukturen für Ausbeutung und Zwangsprostitution trockenzulegen”.
Auch in Frankreich argumentieren Unterstützer des neuen Gesetzes damit, dass es um das “Austrocknen” eines Marktes geht.
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