Während die Welt weiter fossile Brennstoffe verfeuert, suchen Wissenschaftler nach Möglichkeiten, das anfallende Kohlendioxid unschädlich zu machen. Mit einem neuen Material lässt es sich aus der Luft holen und gleich umwandeln.
In manchen Ländern vor allem in Europa und Nordamerika gibt es zwar Fortschritte bei der Verringerung der CO2-Emissionen Klar ist aber, dass es trotzdem immer wichtiger wird, Methoden zu finden, um Kohlendioxid aus Schornsteinen ? oder auch aus der Atmosphäre ? einzufangen. Bislang verfügbare Systeme für Kraftwerke laufen auf deutlich teureren Strom hinaus. Und zusätzlich werfen sie die Frage auf, was mit all dem abgetrennten Gas anzufangen ist.
Ein Team von Wissenschaftlern am Lawrence Berkeley National Laboratory und an der University of California in Berkeley hat vor diesem Hintergrund jetzt ein neues Verfahren vorgestellt: Es benutzt extrem poröse Molekularstrukturen, so genannte Covalent Organic Frameworks oder COFs mit Katalysatoren, um Kohlendioxid zu Kohlenmonoxid umzuwandeln. Aus diesem Stoff lassen sich unterschiedliche Dinge wie Treibstoffe, Plastik und sogar Arzneimittel herstellen.
Laut Chris Chang, Chemiker am National Laboratory in Berkeley und einer der Leiter des Teams, basieren die neuen Materialien auf ?einer sehr stabilen, porösen Struktur, die mit all diesen Katalysatoren versehen ist?. Die Forschungsarbeit ist noch in einem frühen Stadium und von einem Einsatz im Kraftwerksmaßstab weit entfernt. Doch sie könnte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu realistischen Möglichkeiten für die Abtrennung und Nutzung von Kohlendioxid aus Abgasen sowie Umgebungsluft sein.
COFs wurden Mitte der 2000er Jahre erstmals von Omar Yaghi entwickelt, der heute als Chemie-Professor in Berkeley und als Co-Direktor des Kavli Energy NanoSciences Institute tätig ist. Bei ihnen handelt es sich um sehr komplizierte, höchst poröse Kristalle mit einer Reihe von Anwendungsmöglichkeiten bei Gasspeicherung, Photonik und verschiedenen chemischen Prozessen. Als Material zum Auffangen von Kohlendioxid sind sie besonders wertvoll, weil sie mit Wasser funktionieren. Man braucht also nicht mehr die giftigen organischen Lösungsmittel, die bei anderen Formen der Kohlendioxid-Abscheidung erforderlich sind ? dadurch ?löst man nicht mehr ein Problem, indem man ein anderes schafft?, wie Yaghi sagt.
Das Kohlendioxid einzufangen, ist nur der erste Teil der Lösung ? es muss möglichst auch in verwendbare Materialien umgewandelt werden. ?Die Herausforderung war schon immer, daraus einen Ausgangsstoff zu machen, der als Rohmaterial für nützliche Chemikalien dienen kann?, sagt Yaghi. ?Unsere Arbeit ist der erste Schritt zur Lösung dieser Herausforderung.?
In den letzten Jahren gab es kaum noch Fortschritte bei Versuchen, Kohlendioxid aus den Abgasen von Kraftwerken zu entfernen. Die meisten aktuellen Ansätze basieren entweder auf einer Abscheidung nach dem Verbrennen, meist mit Lösungsmitteln auf Amin-Basis; außerdem gibt es das Prinzip, Kohle vor dem Verbrennen zu Gas zu machen, sowie die so genannte Oxyfuel-Verbrennung mit reinem Sauerstoff statt Umgebungsluft. All diese Verfahren funktionieren, sind aber auch teuer und ineffizient. Und keines davon eignet sich für die Entfernung von bereits emittiertem Kohlendioxid aus der Atmosphäre.
Neuartige Techniken wie die von Yaghi und seinem Team könnten neue Wege zu einer effizienteren Kohlendioxid-Abscheidung eröffnen. Ein begrenzender Faktor dabei ist, dass für die Katalyse Energie erforderlich ist, so dass Abscheidung und Umwandlung selbst Energie benötigen. Eines der Ziele ist laut Yaghi und Chang deshalb, die Technik dafür mit Solarmodulen zu verbinden.
?Selektive Kohlendioxid-Abscheidung ist eine echte Herausforderung?, sagt Yaghi, ?und die Umwandlung in ein nützliches Material macht sie noch größer. Vor fünf Jahren hätten wir noch nicht sagen können, dass wir dazu in der Lage sind. Jetzt würde ich zwar nicht sagen, das Problem ist gelöst, aber wir können zumindest sagen, dass es lösbar erscheint.?
(Richard Martin)
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