Bitcoin, Crowdfunding, Mobile Banking ? die Münchener Fidor Bank mischt bei den meisten Neuerungen in der Finanzwelt mit. Gemeinsam mit Telefónica hat sie etwa ein Smartphone-Konto geschaffen, das Datenvolumen statt Zinsen abwirft.
Matthias Kröner ist Gründer und Vorstandssprecher der Fidor Bank AG. Davor war er neun Jahre lang Chef der DAB Bank.
TR: Im Juli wurde bekannt, dass die zweitgrößte französische Bankengruppen BPCE die Fidor Bank übernehmen will. Sie sollen unabhängig bleiben. Was bedeutet die Übernahme?
Matthias Kröner: Wir haben dadurch die Mittel für die weitere geografische Expansion und die Weiterentwicklung unserer Technologie ? besonders für das ?Fidor Operating System?, das global starke Nachfrage erfährt.
Was hat es mit diesem Betriebssystem auf sich?
Es bietet eine Infrastruktur für zeitgemäßes digitales Banking. Ein Teil davon sind die APIs, über die man darin befindliche Daten ansteuern kann. Dies ermöglicht die Integration externer Angebote in das Fidor-Smart-Girokonto. Dadurch wird es zu einer Art Marktplatz. Wir haben 20 bis 25 Angebote in das Konto integriert, etwa Fremdwährungen, Edelmetallerwerb oder Sparanlagen bis hin zu Crowd Finance und Peer-to-Peer-Lending.
Sie diskutieren Entscheidungen ? etwa über Zinssätze oder neue Produkte ? mit Ihrer Kunden-Community. Funktioniert das? Wenn mich jemand fragt, wie viel ich zahlen möchte, sage ich natürlich: so wenig wie möglich.
Da unterscheiden Sie sich von unseren Nutzern, weil die durchaus wissen, dass ein Unternehmen Geld verdienen muss. Insofern würden Sie dann von anderen Nutzern die Antwort bekommen: Schau, ich will ja, dass meine Fidor Bank ein nachhaltiges Unternehmen ist, deswegen muss sie Umsatz machen.
Sie arbeiten viel mit Partnern wie Bettervest, Telefónica, Ripple oder Smava zusammen. Wer ist der Innovationstreiber in solchen Fällen? Eher Sie oder Ihre Partner?
Anfangs, vor einigen Jahren, eher wir. Als sich die Fintech-Szene hier gerade erst gefunden hatte, haben wir oft gesagt: Das wäre super, wenn da mal jemand was macht. Wobei das dann natürlich immer ein bisschen unspezifisch war, weil wir uns nicht alles immer selber ausdenken konnten und können. Unsere technologische Offenheit ist letztlich deshalb entstanden, weil immer mehr Ideen kamen, die wir nicht proprietär lösen können und wollen.
Irgendwann muss man sich entscheiden: Bist du die Plattform, oder bist du die Innovation, die über die Plattform angeboten wird? Wir haben klar gesagt: Wir gehen den Plattformweg. Mittlerweile haben wir nicht mehr das Problem, dass es zu wenige Ideen gäbe. Heute müssen wir eher unterscheiden, was von diesen Ideen nachhaltig ist und was wahrscheinlich eher nicht.
Was läuft Ihrer Meinung nach im traditionellen Banking falsch?
Banken sind hauptsächlich aus kulturellen Gründen ? vor allem in ihren Zentralen ? sehr kundenfern und leben kaum das Leben ihrer Kunden. Für viele ist Technik nur zur Rationalisierung da. Sie verstehen nicht, wie man mit ihr hervorragende Kundenerlebnisse und Alleinstellungsmerkmale schaffen kann.
Werden die vielen neuen Fintechs zu einer Konkurrenz der traditionellen Banken oder eher von ihnen aufgesogen?
Eher Letzteres. Was erwartet man auch? Wenn man eine eigene Strategie verfolgt, werden einige irgendwann die Grenze zur Finanzdienstleisterlizenz überschreiten, und das wird kapitalintensiv. Oder aber sie werden B-to-B-Anbieter, beispielsweise für Banken. Das hat den Vorteil, dass man schneller Umsatz macht und Kosten decken kann. Darüber hinaus muss man sich bei manchen Fintechs fragen: Was machen die eigentlich?
Eine App allein ist kein Hexenwerk und rechtfertigt womöglich auch kein eigenes Unternehmen. Auf der anderen Seite gibt es aber sicherlich Ideen, die prozessual sehr gut sind, neue Märkte oder Marktplätze darstellen oder den Banken bei der Abwicklung helfen und den Kundennutzen steigern. Da würde ich als Bank dann auch zuschlagen. Stellt sich nur die Frage: Warum kommen die Banken nicht selber auf derartige Innovationen? (Gregor Honsel) / (bsc)
Dieser Text ist der Zeitschriften-Ausgabe 09/2016 von Technology Review entnommen. Das Heft kann hier online bestellt werden.
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