In den vergangenen 25 Jahren hat das Great Barrier Reef vor der Ostküste Australiens rund die Hälfte seiner Korallen verloren. Ein Schwimmroboter soll helfen.
Schuld am Abbau des farbenprächtigen Riffs tragen neben Stürmen, dem Klimawandel und den düngerhaltigen Abwässern der Landwirtschaft die sogenannten Dornenkronenseesterne (Acanthaster planci).
Die Meeresbewohner mit einem Durchmesser von rund 35 Zentimetern sollen für bis zu vierzig Prozent des Korallenrückgangs am Riff verantwortlich sein. Denn die kugeligen erwachsenen Tiere mit den unzähligen Armen und zentimeterlangen Stacheln ernähren sich ausschließlich von Steinkorallen und grasen bis zu zehn Quadratmeter pro Jahr ab. Seit den Sechzigerjahren kam es wiederholt zu großen Plagen an der Pazifikküste des fünften Kontinents: Die Weibchen können pro Saison bis zu 65 Millionen Eier produzieren.
Allerdings scheiterten alle bisherigen Versuche, der Schwemmen Herr zu werden. Denn es gibt nicht genügend Taucher, um die Seesterne von Hand zu töten. Nun soll eine knallgelbe Killermaschine das Weltnaturerbe retten. Wissenschaftler der Queensland University of Technology in Brisbane entwickeln derzeit den COTSbot, einen autonom agierenden, an ein Mini- U-Boot erinnernden Tötungsroboter.
Er verfügt laut Matthew Dunbabin und seinem Team über eine stereo-skopische Kamera, mit der sich dank ihrer Tiefenschärfewahrnehmung die Dornenkronenseesterne eindeutig identifizieren lassen. Anschließend vergiftet der COTSbot die Tiere mit einer Injektion aus seinem pneumatischen Arm.
Die Software für den COTSbot kreierte Feras Dayoub. Anhand von Tausenden Fotografien und Videomaterial trainierte der Ingenieur den Roboter und ließ ihn systematisch lernen. Falls der Roboter unsicher sei, ob es sich um einen Dornenkronenseestern handle, so der Forscher, mache er ein Foto, das später verifiziert werde: “Dieses Feedback wird dann in die Datenbank eingepflegt.” Inzwischen bescheinigen Dayoub und Dunbabin ihrer Maschine eine Treffsicherheit von 99,9 Prozent.
Auch für das eingesetzte Gift ließen sich die australischen Wissenschaftler etwas einfallen. Der Seestern-Spezialist Jairo Rivera Posada von der australischen James Cook University stellte fest, dass Rindergalle für die wirbellosen Tiere eine tödliche Substanz darstellt. Werden die COTSbots mit einer Tankladung von zwei Litern Galle-Salz-Lösung künftig auf eine Acht-Stunden-Schicht im Riff entsendet, könnten sie in dieser Zeit zirka 200 Dornenkronenseesterne eliminieren.
In ersten Praxistests vergangenen Herbst bewährte sich der Roboter bereits. Das Projekt hat indes auch Kritiker. “Ich bin vorsichtig, wenn es darum geht, einen Roboter mit Waffen und einer gewissen Autonomie auszustatten”, zitiert die Zeitschrift “New Scientist” Toby Walsh, einen Ingenieur für künstliche Intelligenz von der University of New South Wales in Sydney. Er gehört zu einer Gruppe, die den Einsatz der COTSbots verhindern möchte, um die bewusste Entscheidung, zu töten, nicht einer Maschine zu überlassen. Andererseits räumt Walsh ein: “Der einzig gute Killerroboter ist jener, der die Seesternplage bekämpft.”
Matthew Dunbabin und sein Team tragen solchen Bedenken Rechnung. So werden die batteriebetriebenen Geräte im Wasser keine Internetverbindung haben und somit nicht zu “hacken” sein. Außerdem werden sie an der Oberfläche treiben, wenn ihre Energie zur Neige geht. Dort sind sie dann auch per GPS zu orten. “Wir haben seit jeher Roboter gebaut, die vernachlässigbare Auswirkungen auf die Umwelt haben, selbst wenn sie einmal verloren gegangen sind”, zitiert die Fachzeitschrift “Elektronikpraxis” Dunbabin. Außerdem seien von den Gallensalzen keine negativen Einflüsse auf die natürliche Umgebung zu erwarten.
Nach den erfolgreichen Praxistests suchen die Forscher nun noch nach einem Investor, um ihre Mission zu finanzieren. Vielleicht findet sich ja eine internationale Organisation, die sich rechtzeitig für die Rettung des Weltnaturerbes einsetzt, bevor es restlos aufgefressen wurde. (Inge Wünnenberg) / (bsc)
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